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Polen und Deutschland verbinden ihre besten Uhren; Glasfaser-„Zeitbrücke“ geschaffen

Polen und Deutschland verbinden ihre besten Uhren; Glasfaser-„Zeitbrücke“ geschaffen

Polen und Deutschland haben ihre Labore mit Glasfaser verbunden. Dies ermöglicht den Vergleich der Messungen der genauesten Uhren beider Länder. Dies ist der erste Schritt zum Aufbau eines europäischen Netzwerks von Zeitmesszentren.

Die Genauigkeit der heutigen Zeitmessung beeinflusst die Navigation, das Bankwesen, die nationale Sicherheit und hilft sogar bei der Vorhersage von Erdbeben.

„Seit mehreren Jahrzehnten gibt es weltweit keine einheitliche, unfehlbare Standarduhr – ein Äquivalent zum Sèvre-Kilogramm-Standard –, mit der alle Uhren der Welt synchronisiert werden müssten“, erklärte der Physiker Prof. Michał Zawada von der Nikolaus-Kopernikus-Universität gegenüber PAP. Er fügte hinzu, dass man heute, um einen Zeitstandard zu erhalten, in der Lage sein müsse, Messungen zwischen Uhren aus verschiedenen Teilen der Welt in Echtzeit zu vergleichen und ihre Berechnungen zu mitteln.

Bisher genügte ein Funksignal, um Zeitmessungen abzugleichen. Nun zeigt sich, dass dies nicht mehr ausreicht – entsprechend vorbereitete Glasfasernetze werden dafür notwendig.

Deshalb beteiligt sich Polen an Pionieraktivitäten zur Schaffung solcher internationalen Brücken. Im Rahmen des europäischen GÉANT-Netzwerks wurde im vergangenen Herbst die erste internationale akademische Glasfaserverbindung Pathfinder mit einer Länge von rund 690 km in Betrieb genommen. Sie besteht aus Glasfasern, die vom polnischen PIONIER-Netzwerk bereitgestellt (ca. 270 km) und vom deutschen GÉANT-Netzwerk gemietet (ca. 420 km). Die Glasfaserbrücke verbindet das Nationale Metrologische Institut in Braunschweig mit dem Poznań Supercomputing and Networking Center. Im PSNC ist die Brücke mit dem nichtkommerziellen optischen Netzwerk PIONIER verbunden, das in Polen seit Jahrzehnten besteht und die größten polnischen akademischen Zentren verbindet.

Auf diese Weise werden die in Braunschweig durchgeführten Zeitmessungen beispielsweise an die UMK übermittelt, wo die beiden genauesten Uhren Polens in Betrieb sind – optische Atomuhren. Oder an das Zentralamt für Messungen in Warschau, das die offizielle Zeit für Polen überwacht.

DIE UHR TICKT

Warum brauchen wir hochpräzise Uhren? Das gleichmäßige Ticken von Pendeluhren und die Bewegung der Zahnräder in Aufziehuhren ermöglichen zwar eine gute Minutenmessung, aber keine Sekundenbruchteile – wichtig beispielsweise im Profisport. Deshalb kamen vor einem halben Jahrhundert Quarzuhren auf den Markt, deren Kristallherz 32.000 Schläge pro Sekunde lieferte.

Und doch ist selbst diese Geschwindigkeit zu langsam, um die Zeit für die Anforderungen der GPS-Navigation, des Bankwesens oder militärischer Anwendungen zu berechnen. Deshalb sind Atomuhren zum Standard geworden, deren Zeitmessung auf der Geschwindigkeit der Atomanregungen basiert. Solche Uhren im GUM, im PCSS oder in Borówiec ticken zehn Millionen Milliarden Mal pro Sekunde (10 hoch minus 16 s).

Aber auch hier ist die Präzision noch nicht erschöpft: Das „Pendel“ optischer Atomuhren, die beispielsweise an der UMK in Betrieb sind, tickt eine Milliarde Mal pro Sekunde (es ist hundertmal präziser als bei Atomuhren).

Es stellt sich heraus, dass die Fähigkeit zur Zeitmessung mit einer solchen Präzision Berechnungen zu nicht offensichtlichen Eigenschaften des Universums ermöglicht – zum Beispiel zur Schwerkraft. Wie wir aus Einsteins Theorie wissen, krümmt die Schwerkraft die Raumzeit – in der Nähe massiver Objekte vergeht die Zeit langsamer, von ihnen weg schneller. Das bedeutet, dass die Uhr im Kultur- und Wissenschaftspalast etwas schneller geht als die Uhren der Warschauer in der U-Bahn. Im Alltag spielen diese Unterschiede keine Rolle. Doch wenn wir wüssten, wie man solche winzigen Zeitunterschiede misst, könnten sie in vielen fortschrittlichen Technologien genutzt werden.

ZEIT ZUR RETTUNG UND ZUR RECHTZEITIGEN RETTUNG

Japanische Wissenschaftler nutzen beispielsweise hochpräzise Uhren zur Erdbebenvorhersage. „Ändert sich die Massenverteilung im Untergrund – beispielsweise füllt sich eine Caldera unter einem Vulkan mit Lava –, verändert sich das Gravitationsfeld an einem bestimmten Ort, wodurch die Zeit dort beispielsweise etwas langsamer vergeht als zuvor. Vergleicht man eine Uhr an einem aktiven Vulkan mit einer Uhr an einem stabilen Ort, stellt sich heraus, dass sie desynchronisiert sind – eine von ihnen beginnt, anders zu arbeiten als die andere“, beschreibt Prof. Zawada. Dadurch soll ein System geschaffen werden, das die Bevölkerung rechtzeitig warnt und ihnen ermöglicht, sich auf ein Erdbeben vorzubereiten.

Optische Atomuhren werden auch zum Bau hochpräziser Bodennavigationssysteme beitragen. Auch die Quantenkryptographie und das Bankwesen könnten davon profitieren, da sie die Reihenfolge von Transaktionen noch schneller steuern können. Astronomen, die Radioteleskope nutzen, benötigen ebenfalls Informationen über den genauen Zeitpunkt eines beobachteten Phänomens. Sie benötigen außerdem Uhren, um kosmische Entfernungen und Massen präzise zu messen – sie setzen auf eine Verbesserung der Genauigkeit von Zeitmessungen.

Es ist jedoch klar, dass eine hochpräzise Zeitmessung nur dann sinnvoller ist, wenn wir sie mit Messungen an anderen Orten der Welt vergleichen können.

Prof. Zawada erklärt, dass die Nutzung bestehender kommerzieller Glasfasernetze in diesem Projekt nicht nur teuer, sondern auch schwierig umzusetzen wäre – während des Baus und der Wartung müssen die Wissenschaftler ständigen Zugriff auf die Glasfaserinfrastruktur haben, um sicherzustellen, dass die Photonen auf den Verbindungen richtig repliziert und vervielfacht werden.

So wurden entlang der deutsch-polnischen Pathfinder-Strecke zehn Signalverstärkungspunkte und ein Zeit- und Frequenzübertragungsregenerator installiert. Für den Bau dieser Brücke wurden Übertragungsgeräte von PCSS verwendet, die in Zusammenarbeit mit der AGH-Universität für Wissenschaft und Technologie und PCSS in Polen entwickelt und hergestellt wurden.

Der Forscher der UMK betont jedoch, dass die größte Herausforderung des Projekts bürokratische und politische Fragen waren: die formale Organisation des Baus eines länderübergreifenden Glasfaserkabels. Dennoch war das Projekt ein Erfolg. Die Wissenschaftler hoffen, dass andere Länder ihrem Beispiel folgen werden. Nun ist die Zeit für weitere Partner gekommen.

Uhrmacher Helllila

Wie funktioniert die optische Atomuhr, für die die Pathfinder-Verbindung gebaut wurde? Um ein Atom eines bestimmten Elements anzuregen – sein Elektron auf eine höhere Ebene zu bringen – muss man ihm ein Lichtquant mit einer ganz bestimmten Frequenz zuführen – das entspricht etwa der Anzahl der Lichtwellenschwingungen pro Sekunde. Jede Farbe ist ein leicht unterschiedlich bewegtes „Photonenpendel“. Wenn wir eine Farbe gefunden haben, die ein bestimmtes Atom anregt (und Atome ändern ihre Präferenzen nicht), bedeutet das, dass wir einen Zeitstandard haben. Wir können Photonen mit solchen Eigenschaften in ein anderes Labor schicken und beispielsweise vergleichen, wie sich die anregenden Farben an verschiedenen Orten und unter verschiedenen Bedingungen voneinander unterscheiden.

Früher wurden Messungen von Atomuhren (z. B. auf Satelliten) mithilfe von Radiowellen verglichen. Die Präzision optischer Atomuhrmessungen geht in diesem Medium jedoch völlig verloren. Es ist, als würde man in einem Brief per Post nach der Uhrzeit fragen. Es ergibt keinen Sinn. Daher wird ein Medium benötigt, das unveränderte Photonen einer bestimmten Frequenz (Anzahl der Schwingungen pro Sekunde) schnell über große Entfernungen übertragen kann. Und genau dafür wird eine Glasfaserverbindung mit den richtigen Parametern benötigt.

Wissenschaft in Polen, Ludwika Tomal (PAP)

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