Prof. Alina Kułakowska: „Eine neurologische Klinik ist oft nur ein Schreibtisch und ein Hammer“

Es herrscht ein Mangel an Neurologen, ein Mangel an Geld und ein Mangel an System. Erkrankungen des Nervensystems betreffen Millionen Polen, doch die Neurologie bleibt in der Gesundheitspolitik weiterhin ein Randthema. Wie die neurologische Versorgung in Polen heute tatsächlich aussieht – im Interview mit Prof. Alina Kułakowska, Präsidentin der Polnischen Gesellschaft für Neurologie.
Neurologische Erkrankungen zählen weltweit zu den häufigsten Ursachen für Behinderungen und Todesfälle – auch in Polen. Laut Angaben des Nationalen Gesundheitsfonds suchen jährlich fast sechs Millionen Menschen neurologische Kliniken auf oder landen in neurologischen Krankenhausstationen.
Multiple Sklerose, Parkinson, Epilepsie, Schlaganfälle, Migräne, Neuropathien – diese und viele weitere Erkrankungen betreffen Menschen jeden Alters, vom Säugling bis zum Senior. Gleichzeitig kämpft die Neurologie weiterhin ums Überleben – sowohl in Krankenhäusern als auch in der ambulanten Facharztversorgung.
Prof. Alina Kułakowska, Fachärztin für Neurologie und Präsidentin der Polnischen Gesellschaft für Neurologie, spricht im Interview über systemische Probleme, Personalmangel, die Notwendigkeit organisatorischer Veränderungen und vernachlässigte pädiatrische Neurologie.
Gesundheitspolitik: Was sind derzeit die größten Hindernisse für die neurologische Versorgung in Polen – sowohl im Krankenhaus als auch in der Ambulanz? Liegt es an der Finanzierung, dem Personal, der Organisation oder vielleicht an der mangelnden Koordination zwischen den Spezialisten?Prof. Alina Kułakowska: Ein erhebliches Hindernis ist nach wie vor der Personalmangel bei Neurologen. Der durchschnittliche Neurologe in Polen ist etwa 55 Jahre alt, und 35 % der Neurologen haben bereits Anspruch auf eine Rente. Ja, sie arbeiten noch, aber es handelt sich um Menschen, die bereits in Rente gehen könnten. Das Problem sind also Personal und Finanzierung.
Die Neurologie ist ein bemerkenswert unterfinanziertes medizinisches Fachgebiet. Bemerkenswert. Dabei sprechen alle epidemiologischen Daten dafür, sie zu einem Schwerpunkt der staatlichen Gesundheitspolitik zu machen. Leider ist dies nicht der Fall.
Wir fordern schon lange eine Verbesserung der Organisation der neurologischen Versorgung – die Schaffung eines neurologischen Netzwerks nach dem Vorbild des onkologischen Netzwerks mit Referenzzentren, damit die Patienten an spezialisierte Einrichtungen überwiesen werden und schnell eine Diagnose erhalten können und nicht von einer Bezirksabteilung zur anderen geschickt werden, wo viele Verfahren durchgeführt werden, der Patient aber immer noch keine Diagnose hat.
Wir plädieren außerdem für eine Umkehr der Leistungspyramide. In der Neurologie gibt es viele chronische Erkrankungen, die ambulant diagnostiziert und behandelt werden könnten. Dies würde jedoch entsprechende Investitionen in eine neurologische Ambulanz erfordern. Heutzutage besteht eine neurologische Ambulanz meist nur aus einem kleinen Raum mit einem Schreibtisch, einem Computer und einem Neurologen, der einen neurologischen Hammer zur Verfügung hat. Unter solchen Bedingungen ist es unmöglich, schwere chronische Erkrankungen effektiv zu diagnostizieren.
Deshalb sind organisatorische Veränderungen notwendig – die wir als Polnische Gesellschaft für Neurologie, als Nationaler Rat für Neurologie und als Nationaler Berater für Neurologie schon lange fordern. Wir arbeiten zusammen. Leider wurde unsere Stimme – zumindest heute – nicht gehört.
AK: Leider sehe ich derzeit eine Gefährdung der Qualität des Patientenkontakts. Natürlich könnten solche Tools hilfreich sein, aber dafür bedarf es entsprechender organisatorischer und rechtlicher Lösungen. In der aktuellen polnischen Realität ist ihr Einsatz leider nur ein Wunschtraum. Das ist alles.
AK: Zunächst möchte ich betonen, dass die pädiatrische Neurologie eine eigenständige Fachrichtung ist. Wir haben Neurologie und pädiatrische Neurologie – aber natürlich gibt es nur eine Neurologie: Sie behandelt Patienten von null bis hundert Jahren und älter. In Polen herrscht außerdem ein großer Mangel an pädiatrischen Neurologen. Zudem sind sie im Durchschnitt älter als Neurologen, die erwachsene Patienten behandeln – das Durchschnittsalter liegt bei etwa 58 Jahren.
Ich denke, die pädiatrische Neurologie kämpft mit genau den gleichen Problemen wie die Erwachsenenneurologie: vor allem mit massiver Unterfinanzierung. Eine weitere Herausforderung ist die sogenannte Transition – der Übergang von Patienten mit Erkrankungen des Nervensystems aus der Betreuung pädiatrischer Neurologen in die Erwachsenenversorgung. Dies gilt beispielsweise für junge Patienten mit Multipler Sklerose, die mit zunehmendem Alter in die Obhut von Erwachsenenneurologen kommen.
Und hier zeigt sich ein weiteres Problem: die Unterbewertung der Verträge und die Nichtberücksichtigung der Gruppe der Patienten, die heranwachsen und – bildlich gesprochen – in den Pool der Patienten aufgenommen werden, die von Neurologen für die Behandlung erwachsener Patienten betreut werden.
Aktualisiert: 03.07.2025 08:00
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